Ich wette, die meisten von uns sind verwirrt, wenn wir hören, wie viele Arten von Yoga wir praktizieren können.
Es gibt mehr als 90 verschiedene Stile; einige, wie z.B. Bikram Yoga, wurden sogar als Markenzeichen geschützt.
Aber haben Sie sich jemals gefragt, wie wir zu der heutigen Yoga-Praxis gekommen sind?
Die meisten Stile basieren auf Asanas, d.h. Körperhaltungen, kombiniert mit Bewegungen, Atemtechniken, Meditation und Mudras.
Wenn wir an die Yoga-Positionen denken, stellen wir uns etwas Aktives und Körperliches vor.
Der Begriff Asana hingegen bedeutet wörtlich “Sitz”.
Tatsächlich sind die Asanas, die in den Yoga Sutras, dem ältesten schriftlichen Text, der über Yoga spricht, erwähnt werden, Sukhasana und Padmasana, die Sitzpositionen, die wir bei der Meditation einnehmen.
Die Yoga Sutras wurden in den ersten Jahrhunderten nach Christus verfasst.
Die Forscher nennen diese Zeit die Periode des “klassischen Yoga”.
Wenn wir weitergehen, betreten wir die Periode des “post-klassischen Yoga”, in der der physische Körper mehr in den Vordergrund rückt.
Dies ist die Zeit, in der das Hatha Yoga seinen Weg in die Welt fand.
Hatha bedeutet im Sanskrit “hartnäckig”; für einige Traditionen bedeutet Hatha Yoga Praxis die hartnäckige Praxis des Yoga.
Für andere leitet sich der Begriff Hatha von “ha”: (‘Sonne’) und ‘tha’ (‘Mond’) ab.
Sie symbolisieren Lebenskraft und Bewusstsein.
Wenn diese Gegensätze zu einer Einheit verschmelzen, verwirklichen sie die Harmonie des Seins; wir sind voll lebendig und bewusst.
Wir nehmen diese Ganzheit nicht an, wenn wir dazu neigen, in unserem Geist, Körper und Herzen stecken zu bleiben. Durch Hatha Yoga können wir den Körper reinigen, den Geist beruhigen und das Herz öffnen.
Yoga Pradipika
Die erste Schrift über Hatha Yoga (Hatha Yoga Pradipika) wurde im vierzehnten Jahrhundert von dem indischen Weisen Swami Swatmarama verfasst.
Der Text geht detailliert auf Asana, Pranayama, Mudra, Bandha und Samadhi ein und gibt konkrete Anleitungen.
Weitere wichtige schriftliche Quellen sind die Shiva Samhita, die den Einfluss des Buddhismus und des Tantra auf die Entwicklung des Hatha Yoga zeigt, und die Gheranda Samhita, die die sieben Wege des yogischen Pfades beschreibt.
Diese sieben Mittel der yogischen Pfade sind Shatkarmas für Reinigung, Asanas für Kraft, Mudras für Standfestigkeit, Pratyahara für Ruhe, Pranayama für Leichtigkeit, Dhyana für Verwirklichung und Samadhi für Glückseligkeit.
Es gibt 3 Hauptziele des Hatha Yoga:
- Die vollständige Entschlackung des Körpers
- Das vollständige Gleichgewicht der körperlichen, geistigen und energetischen Felder
- Das Erwachen eines reineren Bewusstseins
Viele Menschen verbinden die Ursprünge des Hatha-Yoga mit Tantra, obwohl die meisten Hatha-Yoga-Traditionen ihre Wurzeln auf die Raja-Yoga-Philosophie von Patanjali zurückführen.
Patanjali ist stark beeinflusst von der buddhistischen Philosophie des Yama und Niyama.
Tantra Yoga
Die Tantra-Bewegung in Indien war teilweise eine Reaktion auf die dualistischen Praktiken, die in den Veden und Upanishaden gelehrt und in den Yoga Sutras kodifiziert wurden.
Die Hauptidee des Tantra ist, dass alles im Universum ein Ausdruck der göttlichen weiblichen Energie, Shakti genannt, ist und dass die spirituelle Entwicklung durch die Erfahrungen des Lebens erfolgt.
Wir können das Göttliche erfahren, wenn wir uns dafür öffnen, die Erfahrungswelt leben und ihr nicht ausweichen.
Diese Philosophie hat einen tiefgreifenden Einfluss darauf, wie wir über den Körper und die Yogapraxis denken.
Nach dem Tantra-Ansatz finden wir nur durch die Erfahrung der materiellen Welt unseren Weg zu Erleuchtung und Glück.
Tantra Yoga versucht, die menschlichen Instinkte auszubalancieren – nicht ihnen zu entsagen -, um Erleuchtung zu erlangen.
Die Idee des Yoga aus tantrischer Sicht ist es, Körper, Atem und Geist in Einklang zu bringen und die Fülle der männlichen und weiblichen Energien anzunehmen.
Trotz des dualistischen Denkens sieht die tantrische Philosophie die beiden Seiten der Energie, Shiva und Shakti, als eins an.
All diese Prinzipien sind in den modernen Yoga-Asanas noch immer vorhanden, was bedeutet, dass wir das heutige Yoga als eine tantrische Praxis betrachten können.
Unterschiedliche Stile, gleiche Wurzeln
Wenn wir uns die verschiedenen Stile und Nuancen ansehen, die das moderne westliche Yoga heutzutage verkörpert, können wir feststellen, dass die zuvor dargestellten Themen viele Gemeinsamkeiten haben.
Vinyasa verbindet die Posen in einem Fluss durch den Atem.
Ashtanga Yoga folgt dem gleichen Ansatz wie Vinyasa Yoga und wiederholt das gleiche Muster von Posen.
Iyengar Yoga konzentriert sich mehr auf die Ausrichtung des physischen Körpers. Yin Yoga zielt auf das tiefste Gewebe des Körpers durch spezifische Asanas.
Aber trotz der Unterschiede in der spezifischen Praxis haben sie alle das gleiche Ziel: das Bewusstsein zu schärfen und Krankheiten zu verringern.
Für mich ist Hatha so etwas wie die Mutter der verschiedenen Markenformen des Yoga.
Yoga als Übung, wie man es im Westen kennt, wurde stark von Swami Kuvalayananda und seinem Schüler Tirumalai Krishnamacharya beeinflusst, der von 1924 bis zu seinem Tod im Jahr 1989 unterrichtete.
Sowohl Kuvalayananda als auch Krishnamacharya kombinierten Asanas aus dem Haṭha-Yoga mit gymnastischen Übungen aus der Körperkultur der damaligen Zeit.
Gleichzeitig lassen sie die meisten ihrer religiösen Aspekte fallen, um einen fließenden Stil der körperlichen Praxis zu entwickeln, der wenig oder keinen Wert auf die spirituellen Ziele von Haṭha legt.
Wie unterscheidet sich Hatha Yoga von anderen Stilen?
- Im Hatha werden die Asanas 1-5 Minuten lang gehalten.
Die meisten modernen Stile sind dynamisch und halten die Posen nur kurz. - Der Stoffwechsel nimmt ab.
- Hatha-Yoga-Asanas konzentrieren sich auf die inneren Organe und die Wirbelsäule statt auf Muskelgruppen und Gelenke.
- Der Körper unterliegt weniger Verschleiß.
- Es wird weniger Sauerstoff benötigt.
- Die Stille des Körpers und des Geistes ist wichtiger als die Bewegung.
Es gibt 84 traditionelle Hatha-Yoga-Posen.
Dies sind die beliebtesten:
- Shirshasna – Kopfstand
- Sarvangasana – Schulterstand
- Halasana – Pflugstellung
- Matsyasana – Fisch-Haltung
- Gomukhasana – Kuhgesicht-Haltung
- Paschimotthanasna – Sitzende Vorwärtsbeuge
- Bhujangasana – Kobra-Pose
- Mayurasana – Pfau-Pose
- Natrajasana – Tänzerische Pose
- Vrkshasana – Baum-Pose
Wenn Sie neu im Yoga sind, würde ich Ihnen raten, mit einigen Hatha-Kursen zu beginnen und die körperlichen Posen in einem langsameren Tempo zu erlernen, wobei Sie sich mehr auf die Dehnung konzentrieren.
Und wenn Sie anfangen, sich in den Asanas sicherer zu fühlen, erkunden und erleben Sie andere Formen der körperlichen Praxis.
Ich denke, sie alle haben etwas zu lehren, auch das, was nicht für uns bestimmt ist.
Genießen Sie die Reise und riechen Sie an den Rosen auf dem Weg 🙂
Quellen:
Marianna praktiziert seit mehr als acht Jahren Yoga und hat 2020
die 200h Yogalehrer-Ausbildung in Vinyasa bei YogaMoves in Utrecht abgeschlossen.
Ihre Leidenschaft ist es, Yoga mit anderen zu teilen, nachhaltiger zu leben,
und zu reisen.
Hier ist ihre INSTAGRAM-Seite.
